Beruf und Berufung: Wie wird man Bestatter?

Bestatterinnen und Bestatter organisieren nicht nur Beerdigungen – sie begleiten Angehörige durch schwere Zeiten, koordinieren alle notwendigen organisatorischen Schritte, wahren die Würde der Verstorbenen und schaffen Raum für Trauer und Abschied. Doch wie wird man eigentlich Bestatter? Gibt es eine klassische Ausbildung im Bestattungswesen? In diesem Artikel geben wir die Antworten.

Vielfältige Anforderungen – umfassende Kompetenzen

Wer sich heute für den Beruf des Bestatters entscheidet, übernimmt eine Aufgabe, die ein breites Spektrum an Fähigkeiten verlangt. Es geht nicht nur um die würdevolle hygienische und kosmetische Versorgung Verstorbener, sondern auch um die sensible psychologische Begleitung der Hinterbliebenen. Hinzu kommen die komplexe Organisation aller Abläufe und die verantwortungsvolle Erledigung zahlreicher Formalitäten. All dies muss mit ausgeprägtem Einfühlungsvermögen, fundierter fachlicher Kompetenz und einem tiefen Verständnis für die emotionale Ausnahmesituation der Trauernden erfolgen.

Die tägliche Konfrontation mit dem Tod und Verstorbenen bedeutet auch eine hohe Verantwortung für die öffentliche Gesundheit, wie nicht zuletzt die Corona-Pandemie verdeutlichte. Durch die fachgerechte Versorgung tragen Bestatterinnen und Bestatter maßgeblich zur Eindämmung von Infektionsrisiken bei. Mit zunehmender Mobilität und kultureller Vielfalt sind zudem die Erwartungen an interkulturelle Kompetenz gestiegen. Das Wissen um verschiedene Traditionen und Rituale ist heute unerlässlich.

Auch die Digitalisierung verändert das Berufsbild: Der Umgang mit digitalen Gedenkportalen, das Streamen von Trauerfeiern und das Thema digitaler Nachlass gehören inzwischen zum Alltag. Diese stetig wachsenden Anforderungen machen eine fundierte und umfassende Qualifizierung unabdingbar.

Vom Handwerk zur Profession: Die Entwicklung der Bestatterausbildung

Der Beruf des Bestatters blickt auf eine lange Tradition zurück. Viele Bestattungshäuser gingen aus Schreinereien hervor, die Särge herstellten und nach und nach damit begannen, auch Beerdigungen zu organisieren. Lange fehlte es jedoch an einer formalen, staatlich geregelten Ausbildungsstruktur, wie sie für andere Handwerksberufe längst existierte. Die Qualifikation beruhte vornehmlich auf Erfahrung und Weiterbildungen – z. B. beim Bundesverband Deutscher Bestatter e. V. zum „Fachgeprüften Bestatter“.

Angesichts der zunehmenden Komplexität des Berufs und des Wunsches nach einheitlichen Qualitätsstandards wurde der Ruf nach einer formalisierten Ausbildung lauter. Ein entscheidender Wendepunkt war die Einführung des staatlich anerkannten Ausbildungsberufs „Bestattungsfachkraft“ im Jahr 2007. Diese dreijährige duale Ausbildung findet im Betrieb und in der Berufsschule statt und wird oft durch überbetriebliche Lehrgänge ergänzt. Erstmals wurden damit klare Standards und Qualifikationen festgelegt. Zu den Kerninhalten zählen die Versorgung Verstorbener, Trauerpsychologie, Beratung, Planung und Organisation von Bestattungen, kaufmännische Abwicklung, Vertragsgestaltung sowie relevante rechtliche und friedhofstechnische Grundlagen.

Die Spitze der Qualifikation: der „Bestattermeister“

Aufbauend auf der Ausbildung zur Bestattungsfachkraft ist der Titel „Bestattermeister“ oder „Bestattermeisterin“ die höchste Stufe der beruflichen Qualifikation im Bestattungswesen. Mit dem Meisterbrief erwerben die Absolventen die Ausbildereignung und sind somit befugt, selbst Lehrlinge auszubilden und aktiv zur Nachwuchsförderung beizutragen. Darüber hinaus erwerben sie umfassende Kompetenzen in der Betriebsführung.

Der Meistertitel zeugt von einer tiefgreifenden fachlichen Expertise und kann die Basis für weitere Spezialisierungen bilden – z. B. in den Bereichen Thanatopraxie, erweiterte Trauerbegleitung oder internationales Überführungswesen. Er signalisiert ein Höchstmaß an Verantwortung und Qualitätsbewusstsein.

Anerkennung und Zukunftsperspektiven im Handwerk

Die Professionalisierung des Berufsfeldes mündete im Jahr 2020 in der offiziellen Aufnahme des Bestattungswesens als Vollhandwerk in die Handwerksordnung (Anlage B1). Dies unterstreicht die handwerkliche Komponente sowie die hohen Qualitätsansprüche. Derzeit (Stand: Mai 2025) läuft eine Evaluierungsphase, an deren Ende möglicherweise die Einführung einer Meisterpflicht für Neugründungen von Bestattungshäusern stehen könnte. Dies würde den Meistertitel weiter stärken.

Gelebte Praxis: Erfahrung trifft auf neue Impulse

In vielen Bestattungshäusern zeigt sich heute ein produktives Miteinander der Generationen. Die Älteren haben ihr Handwerk über Jahre perfektioniert und verfügen über einen enormen Erfahrungsschatz. Die Jüngeren absolvieren häufig die formale Ausbildung zur Bestattungsfachkraft und legen nicht selten noch die Meisterprüfung ab. Diese Konstellation ist eine enorme Bereicherung. Die erfahrenen Generationen bringen jahrzehntelanges Praxiswissen und bewährte Traditionen ein, die jüngeren Generationen ergänzen dies mit aktuellem Fachwissen, neuen Perspektiven und modernen Ansätzen.

Lebenslanges Lernen: ein Bekenntnis zur Qualität

Unabhängig vom initialen Qualifikationsweg ist im Bestatterberuf eines unverzichtbar: lebenslanges Lernen. Angesichts sich ändernder rechtlicher Rahmenbedingungen, neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in den Bereichen Hygiene und Psychologie sowie sich wandelnder gesellschaftlicher Wünsche an Bestattungen ist eine kontinuierliche Weiterbildung essenziell.

In einer Zeit, in der immer mehr Menschen eine Bestattung wünschen, die ihre Persönlichkeit und Lebensgeschichte widerspiegelt, sind sowohl traditionelles Handwerk als auch zeitgemäßes Fachwissen und hohe Empathie gefragt. Die Kombination aus fundierter Ausbildung, praktischer Erfahrung und stetiger Weiterbildung ist die Grundlage der heutigen Bestattungskultur und gibt Angehörigen die Sicherheit, in einer der schwersten Phasen ihres Lebens professionell, würdevoll und einfühlsam begleitet zu werden.

 

Autor:
Jörg Zimmerling
Bildquelle: Freepik.com / Selective focus shot of a young male standing in front of a wooden church stand

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